Ein Glutenunfall ohne Vorankündigung
Eine Woche ist es nun her. Unsere kleine Auszeit am Meer an der niederländischen Küste. Sommer, Sonne, Sonnenschein, Meeresrauschen und Möwengeschrei. Der Abend im wunderschönen Beachlokal und mein schmerzhafter Glutenunfall. Ich musste das Ganze erst einmal sacken lassen. Meine Stories bei Instagram rund um das Thema habe ich kurz nach der Veröffentlichung wieder gelöscht. Ich hatte das Gefühl, nicht die passenden Worte zu finden. Aber wisst ihr was? Auch heute kann ich meine Gedanken noch nicht so richtig sortieren. Ich weiß gar nicht, ob ich einfach nur enttäuscht oder mittlerweile echt wütend bin. Enttäuscht, dass es passiert ist und wütend, wie damit umgegangen wird.
Enttäuschung oder Wut?
Eins vorab: Natürlich ist mir bewusst, dass es in einer Mischküche nie eine hundertprozentige Sicherheit geben kann. Ja, die Möglichkeit einer Kreuzkontamination schwebt immer wie ein Damoklesschwert über einem. Dennoch habe ich die Erwartung, dass ich mich (wenn vorhanden) auf die Allergenkennzeichnung oder die Aussagen des Servicepersonals verlassen kann.
Mangels einer Allergenkarte bin ich mit der Servicekraft mehrfach die Speisekarte und die glutenfreien Optionen durchgegangen – auf Niederländisch! Ich habe die klassischen Fragen gestellt, um auf Nummer sicher zu gehen. Ich habe mich nach den Gewürzen und Zusätzen erkundigt; nach jeder einzelnen Zutat gefragt. Ich habe mehrfach darauf hingewiesen, dass ich Zöliakie, also eine Autoimmunerkrankung habe und auch auf Spuren reagiere. Ja, ich habe das komplette Programm abgespult, das wahrscheinlich jedem Betroffenen bekannt vorkommt! „Kein Problem, das kannst du essen!“ – eine Aussage, auf die ich vertraut habe.
Und das Schlimmste: Ich hatte das Gefühl verstanden zu werden. Als wenn wir beide (im wahrsten Sinne des Wortes) dieselbe Sprache sprechen. Bis zu dem einen Moment. Ca. eine halbe Stunde nach dem Essen war es da. Dieses typische Gefühl im Bauch. Dieses eine Gefühl, das mir einen Glutenunfall immer zuverlässig ankündigt. „Ich glaube, da war doch was im Essen“ höre ich mich noch zu meinen Freunden sagen. Kurze Zeit später muss ich weg. Schweißausbrüche, Schmerzen, schlimme Krämpfe und diese Verzweiflung, die immer größer wird. Die 5 Minuten Fußweg zur Ferienwohnung fühlen sich an wie eine Ewigkeit. Obwohl es nicht schnell genug gehen kann, muss ich immer wieder stehen bleiben, weil die Magenkrämpfe wie in Intervallen wiederkommen. Vor Schmerzen würde ich mich am liebsten auf den Bürgersteig legen. Ich weiß nicht, was schlimmer ist. Die Krämpfe und Verzweiflung, die mir die Tränen in die Augen treiben, oder die Angst, es nicht mehr rechtzeitig in die Wohnung und das rettende Bad zu schaffen.
Was bei einem Glutenunfall im Körper passiert, habe ich euch hier schon einmal aufgeschrieben.
Rückmeldung Fehlanzeige
Wieder Zuhause habe ich schriftlich Kontakt mit dem Restaurant aufgenommen. Nach meiner Nachricht bei Instagram wurde ich auf das Kontaktformular auf der Homepage verwiesen – auf eine Rückmeldung warte ich heute noch. Auch meine Mail wurde bislang nicht beantwortet.
Ich habe sachlich beschrieben, was passiert ist – nicht vorwurfsvoll, sondern mit dem Wunsch, aufzuklären. Ich habe weder eine Entschuldigung eingefordert noch ein Fass aufgemacht. Und dennoch kam bis heute keine Reaktion. Kein kurzes „Es tut uns leid“, kein „Wir schauen das intern an“, kein „Danke für die Rückmeldung“. Nichts.
Fehler können passieren
Natürlich können Fehler passieren. Gerade in Mischküchen ist ein Restrisiko nie ganz auszuschließen – das ist wohl jeder betroffenen Person bewusst. Dennoch erwarte ich ein Mindestmaß an Verantwortung und Kommunikation. Insbesondere dann, wenn jemand nach dem Essen krank wird und das meldet. Das Problem zu ignorieren kann da einfach nicht der richtige Weg sein.
Was bleibt, ist ein angeknackstes Vertrauen. Und Wut im Bauch. Wer mit Zöliakie lebt, muss täglich Entscheidungen treffen, bei denen das Vertrauen eine zentrale Rolle spielt: Vertrauen in das Gegenüber, in Abläufe, in Zutatenlisten, in Aussagen. Besonders frustrierend finde ich nach wie vor, dass die Erkrankung oft nicht ernst genommen wird. Viele können offenbar immer noch nicht greifen, was Zöliakie bedeutet. Dass es nicht um eine Unverträglichkeit oder „ein bisschen Bauchweh“ geht, sondern um eine ernsthafte Immunreaktion, die Entzündungen auslöst und langfristig die Gesundheit gefährden kann. Es ist wirklich an der Zeit, dass mehr Verständnis dafür entsteht. Und dass Menschen, die in der Gastronomie arbeiten, bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Besonders dann, wenn etwas schiefläuft und die Möglichkeit besteht, die Abläufe in Zukunft zu optimieren und sicherer zu machen.
Ich möchte hier niemandem den schwarzen Peter zuschieben. Ich möchte nur zeigen, was so ein Vorfall mit einem macht – über den Moment hinaus. Es geht eben nicht nur um das, was auf dem Teller landet, sondern auch darum, wie man danach miteinander umgeht.
Ich hoffe, dass ich irgendwann wieder mit einem guten Gefühl essen gehen und auch wieder neue Lokale testen kann. Dass ich das Vertrauen zurückgewinne. Und dass vielleicht auch das Restaurant irgendwann antwortet. Nicht alleine der Höflichkeit wegen, sondern weil es zeigt: Wir nehmen dich und deine Gesundheit ernst. Ich halte euch auf dem Laufenden!
Meist bin ich nach solch einem Erlebnis einfach enttäuscht, sauer, hilflos und voller Fragen. Ein reines Gefühlschaos. Dennoch lasse ich mich von solchen Situationen nicht unterkriegen. Eher ganz im Gegenteil. Mich bestärken genau diese Erfahrungen, noch mehr Aufklärungsarbeit zu leisten und der Erkrankung noch mehr Gehör zu verschaffen. Natürlich gehen entsprechende Erlebnisse nicht spurlos an mir vorbei – auch das Restaurant würde ich noch einmal besuchen. Dennoch stecke ich den Kopf nicht in den Sand!
In meiner Kategorie „Zöliakie Allgemein“ findet ihr noch weitere Beiträge rund um das Thema Zöliakie! Wie wird die Erkrankung diagnostiziert? Worauf muss ich beim Einkaufen achten? Wie lese ich Zutatenlisten richtig und was gilt es zu beachten, wenn ich glutenfreien Besuch bekomme?
Ansonsten freue ich mich immer über einen Erfahrungsaustausch mit euch. Was habt ihr für Symptome bei einem Glutenunfall? Ist euch das auch schon einmal ähnlich passiert? Was hilft euch dabei am besten? Schreibt mir gerne hier einen Kommentar oder meldet euch über Instagram oder Facebook!
Eure Anna ♥
