Zöliakie verstehen: Hier muss sich was ändern
Jahr für Jahr rückt im Mai die Zöliakie in den Fokus. Eine Erkrankung, die das Leben vieler Menschen stark beeinflusst, aber regelmäßig unterschätzt wird. Der Celiac Awareness Month dient dazu, Bewusstsein für diese Autoimmunerkrankung zu schaffen, die Betroffene dazu zwingt, sich ein Leben lang streng glutenfrei zu ernähren. Aber warum ist dieser Monat auch 2025 noch so wichtig? Wo ist die Aufklärungsarbeit auch heute noch nötig?

Leben mit Zöliakie: Mehr als nur eine Unverträglichkeit
Zöliakie wird oft fälschlicherweise als eine bloße Nahrungsmittelunverträglichkeit oder als Trend abgetan. In Wirklichkeit handelt es sich dabei jedoch um eine Autoimmunerkrankung, bei der schon kleinste Mengen Gluten eine Entzündungsreaktion im Darm auslösen. Diese Entzündungen können langfristig zu schweren gesundheitlichen Problemen wie Nährstoffmangel, Osteoporose, Unfruchtbarkeit oder sogar Darmkrebs führen. Für Betroffene bedeutet das: Absolute Vorsicht im Alltag. Ein Krümel Brot kann ausreichen, um Symptome wie Bauchschmerzen, Durchfall, Müdigkeit oder neurologische Beschwerden auszulösen.
Warum Aufklärung so entscheidend ist
Trotz der ernsten Auswirkungen ist das Bewusstsein für Zöliakie in der breiten Öffentlichkeit oft noch gering. Viele wissen nicht, was eine glutenfreie Ernährung wirklich bedeutet. Das führt nicht nur zu Unverständnis und falschen Annahmen („Ein bisschen wird schon nicht schaden“), sondern auch zu gefährlichen Situationen für Betroffene, etwa bei gemeinsamen Mahlzeiten oder in der Gastronomie.
Der Celiac Awareness Month setzt genau hier an: Er informiert, sensibilisiert und schafft Verständnis. Durch gezielte Kampagnen, Veranstaltungen und Medienpräsenz wird das Thema Zöliakie sichtbarer gemacht. Das Ziel: Mehr Rücksichtnahme, bessere Diagnosen und eine insgesamt glutenfreiere und damit sicherere Welt für Betroffene.

Hier muss sich etwas tun:
1. Schnellere Diagnosen
Viele Menschen leben jahrelang mit Symptomen, ohne zu wissen, dass Zöliakie dahintersteckt. Laut einer Umfrage dauert es im Schnitt acht Jahre, bis die Diagnose gestellt wird. Acht Jahre! Dadurch, dass die Symptome sehr unterschiedlich und unspezifisch sein können – von Verdauungsproblemen über Depressionen bis hin zu Hautausschlägen – werden diese oft anderen Ursachen zugeschrieben, was eine Diagnose verzögert.
Alleine diese lange Leidenszeit könnte verkürzt werden, wenn insbesondere Ärztinnen und Ärzte besser über die Krankheit informiert wären und diese früher in Betracht ziehen würden. Besonders Hausärzte spielen hier eine wichtige Rolle bei der Diagnosefindung, die von Betroffenen meist als erstes zu Rat gezogen werden. Wenn bereits hier schon früher über Zöliakie nachgedacht würde, könnte vielen Patientinnen und Patienten nicht nur unnötig langes Leiden unter den Beschwerden erspart bleiben, sondern auch nachgelagerte gesundheitliche Folgen durch einen verzögerten Therapiebeginn vermindert werden.
2. Verständnis in der Gesellschaft
Neben einem oft langen Weg zur Diagnose ist für Betroffene das fehlende Verständnis anderer Menschen eine der größten Herausforderungen in ihrem glutenfreien Leben. Viel zu oft wird Zöliakie mit einem Trend verwechselt und nicht bedacht, dass ein meilenweiter Unterschied dazwischen liegt, ob man sich freiwillig glutenfrei ernährt oder auf Grund einer Erkrankung auf eine entsprechende Ernährung angewiesen ist.
Augenrollen und verständnislose Kommentare gehören schon fast zum Alltag und zeigen, dass auch in unserer Gesellschaft noch einiges an Aufklärungsarbeit nötig ist. Mir kommt es oft so vor, als wenn sich besonders fremde Menschen regelmäßig dazu berufen fühlen, über Betroffene zu urteilen und die Erkrankung in Frage zu stellen. Die besonderen Bedürfnisse werden nicht ernst genommen oder einem abgesprochen.
Dieses Gefühl, ständig nachfragen zu müssen kann echt belastend sein. Manchmal frage ich mich, ob es einfach die Unwissenheit ist, dass andere Menschen sich herausnehmen über die Erkrankungen anderer zu urteilen oder ob es ein grundsätzliches gesellschaftliches Problem ist, dass man eher über andere urteilt, als sich die Mühe zu geben einander zu verstehen. Empathie und Verständnis sind die wichtigsten Bausteine für eine inklusivere Gesellschaft – nicht nur im Mai, sondern das ganze Jahr über.

3. Sicherheit in der Gastronomie
Fest steht: Es ist ein Lichtblick, dass immer mehr Restaurants und Cafés „glutenfreie“ Gerichte anbieten. Jedoch wird das oft nicht bis zum Ende gedacht. Leider! Häufig werden die Gerichte zwar aus glutenfreien Zutaten zubereitet, jedoch ohne Rücksicht auf mögliche Spuren und eine mögliche Kreuzkontamination. Für Menschen mit Zöliakie ein Tabu!
Dazu kommt oft eine begrenzte Auswahl an Gerichten, die von Natur aus glutenfrei sind oder problemlos entsprechend angepasst werden können. Tatsächlich bin ich es (im wahrsten Sinne des Wortes) satt, dass die glutenfreie Alternative regelmäßig ein langweiliger Salat oder ein unpaniertes Schnitzel sein soll! Oder wenn Croûtons einfach vom Salat gesammelt werden, als wenn nichts gewesen wäre. Nein, es hat nichts damit zu tun, dass man eine „Extrawurst“, sondern einfach nur etwas Normalität und Sicherheit in seinem Leben haben möchte.
Und dann ist da noch das Thema mit dem Verständnis und der Verständigung. Oft scheitert es ja bereits daran, dass die Bedürfnisse gar nicht verstanden werden. Es wird nicht verstanden, dass ich nicht auf Glutamat oder Laktose verzichten muss, sondern auf keinen Fall Gluten in meinem Essen sein darf. So lange diese Situationen einem immer wieder in unserer Gastronomie begegnen, gibt es auch hier noch einiges an Aufholbedarf!
Wie jeder helfen kann
Man muss selbst nicht an Zöliakie erkrankt sein, um für Betroffene einen Unterschied zu machen. Schon kleine Gesten helfen:
- Interesse zeigen: Ihr seid selbst nicht betroffen und könnt euch nur schwer vorstellen, wie sich ein Leben mit Zöliakie anfühlt? Fragt Betroffene, ob sie euch ein wenig über ihren Alltag erzählen. Auch unter meinen Beiträgen könnt ihr immer gerne Fragen stellen!
- Weiterbildung: Das können Fortbildungen für medizinisches Fachpersonal oder Schulungen für Mitarbeitende in der Gastronomie sein. Nur so kann der Leidensweg von Betroffenen beispielsweise bei der Diagnosestellung verkürzt und der Alltag auch außerhalb der eigenen vier Wände beim Restaurant- und Cafébesuch erleichtert werden.
- Rücksicht nehmen: Das kann der glutenfreie Snack für die Freundin mit Zöliakie beim glutenfreien Filmabend sein oder die liebe Geste, beim gemeinsamen Kochen auf die Kontamination zu achten.
- Ehrlichkeit: Ihr arbeitet in der Gastronomie oder erwartet einen glutenfreien Gast? Ihr seid euch unsicher mit der Zubereitung oder wisst, dass es in der Küche durch Brotkrümel oder Mehl zu einer Kontamination kommt? Sprecht offen mit der jeweiligen Person darüber und seid ehrlich! So können spätere Probleme, Schmerzen und Sorgen verhindert werden!
- Restaurants und Cafés unterstützen, die sichere glutenfreie Optionen anbieten: Das geht besonders an alle Betroffenen unter uns! Nur so können wir unsere kleinen glutenfreien Safe Spaces erhalten und dabei unterstützen, dass wir auch in Zukunft sichere Anlaufstellen haben!
- Informationen über Zöliakie teilen und so Wissen verbreiten: Selbst wenn ihr das Gefühl habt, dass ihr Betroffene gar nicht unterstützen könnt, habt ihr schon ganz schön viel dazu beigetragen, indem ihr beispielsweise den Beitrag gelesen habt! Sprecht mit anderen darüber und teilt euer Wissen – das bedeutet uns Betroffenen enorm viel!

In meiner Kategorie „Zöliakie Allgemein“ findet ihr noch weitere Beiträge rund um das Thema Zöliakie! Wie wird die Erkrankung diagnostiziert? Worauf muss ich beim Einkaufen achten? Wie lese ich Zutatenlisten richtig und was gilt es zu beachten, wenn ich glutenfreien Besuch bekomme?
Ansonsten freue ich mich immer über einen Erfahrungsaustausch mit euch – schreibt mir gerne hier einen Kommentar oder meldet euch über Instagram oder Facebook!
Eure Anna ♥
Wichtiger Hinweis:
Dieser Beitrag enthält allgemeine Hinweise und ist zum Teil ein persönlicher Erfahrungsbericht. Er soll zur weiteren Aufklärung über Zöliakie dienen, kann jedoch keinen Arztbesuch ersetzen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden.