Wissenswertes bei Zöliakie
Wahrscheinlich verunsichert keine Zutat auf der Zutatenliste eines Produktes Zöliakiebetroffene so sehr, wie Gerstenmalz oder Gerstenmalzextrakt. Wie kann es sein, dass in einem Produkt Gerste enthalten ist, das Produkt aber dennoch als glutenfrei ausgewiesen und teilweise noch mit dem Symbol der durchgestrichenen Ähre gekennzeichnet ist?
Ich muss gestehen, dass mich das am Anfang sehr verwirrt hat und ich ein Produkt nicht selten wieder ins Regal gestellt habe, weil ich dem Begriff Gerstenmalzextrakt nicht über den Weg getraut habe! Auch wenn dick und fett „glutenfrei“ auf einer Verpackung stand, hatte ich so ein mulmiges Bauchgefühl, dass ich es lieber direkt sein gelassen habe. Ging oder geht es euch da genauso?
Was ist Gerstenmalz und was ist Gerstenmalzextrakt?
Wie der Name es erahnen lässt, werden sowohl Gerstenmalz als auch Gerstenmalzextrakt aus Gerste gewonnen.
Um Gerstenmalz zu gewinnen, wird das Getreide zunächst z.B. mit Wasser zum Keimen angeregt und danach getrocknet. Beim Keimen werden natürliche Enzyme im Getreidekorn aktiviert, die einen Teil der Stärke in Malzzucker umwandeln. Malz wird als Basis zum Bierbrauen oder als Backmittel eingesetzt. Die enthaltenen Enzyme verbessern die Backeigenschaften von Mehl.
Bei der Herstellung von Gerstenmalzextrakt hingegen wird das Malz industriell weiterverarbeitet. Diese wird zu Beginn geschrotet und zu einer Maische angerührt. Diese wird mehrfach erhitzt und ziehen gelassen, bis wasserlösliche Verbindungen entstehen. Durch das Abtrennen von Treber (manche kennen es auch unter dem Namen Trester) und dem Entzug von Wasser entsteht das fertige Extrakt. Dabei wird ein weitgehender Abbau der Stärke zu Malzzucker angestrebt.
Der aus Malz hergestellte Sirup wird oft in der Lebensmitteindustrie z.B. als Backmittel verwendet. Die im Malzextrakt enthaltenen Zucker und Aminosäuren reagieren beim Backen durch die Hitze und intensivieren Geschmack, Farbe und Aroma. Wusstet ihr, dass man diese Bräunungsreaktion auch Maillard-Reaktion nennt?
Ist Gerstenmalzextrakt glutenfrei?
Nein! Grundsätzlich ist Gerstenmalzextrakt nicht glutenfrei und gehört somit zu den „verbotenen Zutaten“ bei Zöliakie. Und jetzt kommt das ABER:
Gerstenmalzextrakt ist nicht glutenfrei. Aber….
Wie kann ein Produkt glutenfrei sein, aber dennoch Gerstenmalzextrakt enthalten?
Euch werden im Laufe der Zeit Produkte begegnen, bei denen genau das der Fall ist. Dazu zählen u.a. einige Sorten Funny Frish Chips, Bionade, mehrere Biersorten und auch Schokolade. Dabei findet ihr Gerstenmalzextrakt auf der Zutatenliste, aber ebenso den Hinweis, dass das Produkt glutenfrei ist. Ja, was denn nun?
Dabei handelt es sich um absolute Ausnahmefälle. Hierbei können wir uns auf die glutenfreie Deklaration verlassen, da der Glutengehalt unter der festgesetzten Grenze von 20 ppm liegt und somit auch für Zöliakiebetroffene unschädlich ist. Anderenfalls dürften Lebensmittelhersteller das Produkt nicht als glutenfrei deklarieren!
Bedeutet: Wenn wir ein Produkt in den Händen halten, auf dem gleichzeitig Gerstenmalz(extrakt) und glutenfrei stehen, kann es trotz Zöliakie verzehrt werden. Ausschlaggebend ist immer die Glutenfrei-Kennzeichnung.
Wenn man keinen Hinweis findet, dass es glutenfrei ist, sollte man mit Zöliakie die Finger davon lassen. Ausnahmefälle kann es aber auch da geben, wenn der Hersteller explizit sagt, dass seine Produkte trotz des enthaltenen Gerstenmalzes glutenfrei sind.
Sonderfall Lindt Schokolade
Auf den Schokoladentafeln von Lindt findet man meist auch Gerstenmalzextrakt in der Zutatenliste. Auf der Verpackung steht jedoch nicht explizit, dass das Produkt glutenfrei ist – Lindt klärt darüber jedoch auf seiner Homepage auf. Hier heißt es in den FAQs der Herrstellerseite: „Gluten ist nur in Produkten enthalten, bei denen in der Zutatenliste Getreidebestandteile aufgeführt sind. Sofern in der Zutatenliste nur Gerstenmalzextrakt als Getreidebestandteil angegeben ist, beträgt der Glutengehalt dieser Produkte weniger als 20 ppm, was im Sinne des Codex Alimentarius als glutenfrei definiert ist.“
Achtung: Diese Angabe gilt nur für Lindt Schokoladen, die nicht zusätzlich noch glutenhaltige Zutaten wie Cookies, Weizenstärke & Co. enthalten! Dann ist die Schokolade natürlich trotzdem glutenhaltig und nicht bei Zöliakie geeignet!
Wie steht ihr zu dem Thema? Hattet ihr auch schon einmal die Situation, dass euch der Begriff Gerstenmalz verunsichert hat? Berichtet mir gerne in den Kommentaren davon! Wenn euch das Thema interessiert, ist vielleicht auch der Beitrag Ist Reis glutenfrei? etwas für euch!
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Eure Anna ♥
6 Comments
Hallo, ich hatte genau dieses Problem. Ist stand im Lind Shop, weil mir jemand gesagt hatte die sei unbedenklich. Dann hab ich die Zutatenliste gelesen und war verwirrt. Die Verkäuferin gab mir ein Blatt worauf stand welche Schoki glutenfrei sei. Dann meinte ich das kann nicht sein da ist doch Gerdtenmalz drin. Sie war dann auch ratlos und fand es komisch, dass Lind es als glutenfrei angibt. Dank deinem Artikel bin ich jetzt schlauer und werde dort anrufen und die Verwirrung aufklären. Danke dir hierfür, meine Tochter wird sich freuen, das sie die Schoki doch essen darf. 😊
Liebe Anastasia,
ich freue mich sehr, dass ich dir und deiner Kleinen mit dem Beitrag helfen konnte! Tatsächlich finde ich es immer noch super komisch Produkte zu kaufen, die vom Hersteller als glutenfrei angegeben werden, aber beispielsweise Gerstenmalzextrakt auf der Verpackung steht! Das ist immer eine kleine Überwindung! 🙂 Ich finde es toll, dass du auch noch in dem Laden angerufen und der Verkäuferin die Thematik erklärt hast!
Viele liebe Grüße
Anna
Danke für die gute Erklärung – liest sich ein bisschen wie ein Krimi – wer nicht zuende liest verpasst das Beste, das beste von Lindt Schokolade 🙂
Lieber Martin,
vielen Dank für deinen Kommentar! Tatsächlich kommt mir das glutenfreie Leben ab und an wie ein kleiner Krimi vor – ganz schön spannend, was es da bei einzelnen Lebensmitteln für Besonderheiten gibt, oder? 😉
Viele liebe Grüße
Anna
Hoffen wir mal, dass immer mehr Hersteller das Thema Gerstenmalz auf dem Schirm haben und anfangen darauf zu verzichten – genug Alternativen gibt es ja
Liebe Mareike,
ja, das wäre wirklich schön! Ich bin auch immer wieder überrascht, wenn ich Produkte finde, in denen man nicht damit rechnen würde!
Liebe Grüße
Anna