Glutenfrei durch… Kopenhagen
Willkommen im glutenfreien Schlemmerland!
Meine vorherige Recherche hat mich schon so in Vorfreude versetzt, so dass ich nur einen klitzekleinen Vorrat eingepackt habe – das Meiste davon wurde schon auf der Bahnfahrt zum Flughafen und dem Flug aufgefuttert. Durch die Erfahrungsberichte, die online zu finden waren, habe ich mir Kopenhagen als kleines Paradies für Menschen mit Zöliakie vorgestellt.
Der erste Abend beginnt mit einem meiner persönlichen Highlights, das auf keiner Reise fehlen darf: Dem Supermarktbesuch. Ich liebe es einfach, im Ausland durch Supermärkte zu schlendern, als wenn es Sehenswürdigkeiten wären – man kann so viel entdecken. Hier sieht man komprimiert, was es alles Leckeres und Typisches in einem Land zu essen gibt.
Ich habe das wahnsinnige Glück, dass ich eine dänische Freundin besuchen darf, die sich auch glutenfrei ernähren muss. So habe ich dieses Mal beim Einkaufen immer mein lebendiges Wörterbuch dabei. Das Wort für Weizen „hvede“ kann ich mir aber selbst auch schnell merken und nach einigen Versuchen die Etiketten auf Gluten untersuchen. Zur Sicherheit gibt es aber bei Celiactravel die „Bitte an den Koch“ auf Dänisch.
So stehen direkt zwei Läden auf dem Supermarkt-Sightseeingprogramm. IRMA und Netto. Und ich muss gestehen, dass besonders der Netto trotz seines Chaos mich glücklich macht. Wenn man ihn betritt, hat man Angst, dass man ungeplant ins Bermudadreieck geraten ist und nie wieder herausfindet. Wenn man die erste Überforderung überwunden hat, lassen glutenfreie Muffins, Kekse, Brotbackmischungen, glutenfeie Hafer- und Hirseflocken und Müsli jedes Zöliakieherz höher schlagen. So kann ich sicher sein, dass ich hier schnell fündig werde, wenn mich in den kommenden Tagen zwischendurch einmal der Hunger überrascht. Aber ich muss auch gestehen, dass die Preise einen sprachlos machen und das Portemonnaie an der Kasse von Mal zu Mal immer ein bisschen mehr wimmert – und das schon im Supermarkt. Da ist man noch nicht in einem Restaurant oder Café gewesen.
Auch andere Supermärkte, wie z.B. Brugsen haben ein großes glutenfreies Angebot. Manchmal gibt es ein ganzes glutenfreies Regal, in anderen Läden muss man sich die Sachen zusammensuchen. In kleineren Filialen kann man aber auch mal enttäuscht werden. Falls ihr einmal Lust auf ein glutenfreies Bier habt, dann müsst ihr ein wenig suchen und dazu auch noch wahnsinnig schnell sein – sonst kann es vorkommen, dass es euch ein durstiger Däne wegschnappt.
Da sind wir direkt beim Thema. Wieder vor der Tür fährt der nächste LKW mit laut dröhnender Musik vorbei. Junge Menschen mit Seemannscappys, hochrotem Kopf und Trillerpfeifen auf der Ladefläche machen auf sich aufmerksam. Die Wagen sind mit Bannern und Fähnchen geschmückt. Den Passanten wird zugeprostet. Die dänische Art seine bestandenen Abiprüfungen zu feiern. Alleine in den Supermarktkühlschränken sieht man es – die Bierabteilungen sind geplündert und Sektflaschen werden direkt im Set verkauft.
Unterwegs kommt man immer wieder an Reformhäusern vorbei – viele davon bieten neben Edelsteinen, Duftaromen, Naturkosmetik und eingeschweißten glutenfreien Dingen auch frische Backwaren aus der Naturbageriet, einer glutenfreien Bäckerei, an. Wenn man gerade vorbeiläuft, kann man sein Glück ja einfach mal probieren und geht vielleicht selig mit einer Tüte Rumkugeln oder Brownies weiter seines Weges.
Nach der Stadtbesichtigung durch Kopenhagens gemütliche Sträßchen mit wundervoll restaurierten Häusern und dem obligatorischen Besuch der kleinen Meerjungfrau wird erst einmal in der Nähe des Schlosses bei einem Kaffee verschnauft. Als kleine Überraschung stehen auch hier glutenfreie Brote auf der normalen Angebotstafel.
Update 10/2022: Eine liebe Leserin hat mir geschrieben und mir von ihren negativen Erfahrungen im Café No. 11 berichtet. Nach einem langen Fußmarsch angekommen, stand hier wohl nur noch ein glutenfreies Brot auf der Karte – leider hat das Personal solch einen inkompetenten Eindruck bei der Bestellung vermittelt, so dass jegliches Vertrauen verloren war und das mitgebrachte glutenfreie Not-Paket auf den Tisch kam.
Solche Berichte machen mich unheimlich traurig, jedoch bin ich auch so froh, wenn ihr mir von euren negativen Erfahrungen erzählt – nur so kann ich sie hier an andere Betroffene weitergeben.
Also: Solltet ihr das Café No. 11 trotzdem besuchen, berichtet gerne von euren Erfahrungen. Vielleicht sind hier Menschen mit einer Glutensensitivität besser aufgehoben als Zöliakie-Betroffene – solltet ihr ein mulmiges Gefühl haben, sollte die Sicherheit immer im Vordergund stehen!
Café No.11, Sankt Annæ Plads 11, 1416 København
Weiter geht es wieder vorbei am wunderschönen Nyhaven, der einem von fast jeder Postkarte entgegenstrahlt und der Oper, bis ich auf einmal völlig unvorbereitet vor den Torvehallerne stehe. Zwischen den beiden Markthallen, die auch gut als Gewächshäuser durchgehen könnten, sind Marktstände aufgebaut, die von Obst, Gemüse und Blumen besonders Saisonware und ein gutes Gläschen Wein anbieten. Tische stehen verteilt, so dass man sich besonders nachmittags in Ruhe setzen und seine erstandenen Köstlichkeiten genießen kann.
Nach einer kleinen Runde vorbei an Käse-, Fisch-, Fleisch-, Gewürz-, Kräuter – und allen möglichen anderen Ständen, die das Herz von Lebensmittelliebhabern erfreuen, geht es schon weiter. Eine Kreuzung weiter ist einer der glutenfreien Bäcker Kopenhagens – den müssen wir natürlich noch schnell besuchen, bevor er schließt. Zur Begrüßung wurde ich schon mit Kuchen und Brot von meiner Freundin überrascht. Und nun müssen natürlich noch die anderen Sachen probiert werden. Kleine Hirsebrötchen mit Sesam, Möhre oder Kürbiskernen sind noch da. Hier lohnt es sich am Vormittag zu kommen, wenn die ganze Auslage noch voll ist. Von Pizzastücken, über Kuchen und Brot gibt es dann hier alles was das Zöliakieherz glücklich macht. Es werden auch andere (glutenhaltige) Backwaren angeboten, die aber unter dem glutenfreien Angebot gelagert und auch mit verschiedenen Zangen berührt werden. Die Brote und Brötchen sind hier nicht so fluffig wie bei uns in Deutschland, dafür sehr fest und feucht – so kann man sie auch ohne Probleme noch ein paar Tage später essen, ohne, dass man sie aufbacken müsste und sie halten länger vor.
Naturbageriet, Frederiksborggade 29, 1360 København
Wieder zurück in den Markthallen, ging es schnurstracks zur Chocolaterie, in der meine Freundin ab und zu arbeitet. Schon am Vortag habe ich immer (vergeblich) nach glutenfreien Schaumküssen gesucht. Tadaaaa – hier habe ich endlich die glutenfreie Version bekommen – anstatt eines Gebäckbodens hat er eine Marzipanschicht als Fuß! Nach Jahren ohne diesen Geschmack war ich kurzzeitig im Schokohimmel!
Auch der nächste Tag ist eine Mischung aus Sightseeing und Schlemmerei. Morgens geht es gemütlich durch die Einkaufsstraßen Kopenhagens bis zum „Runden Turm„. Auch mit Höhenangst kann man hier bequem hochlaufen – durch die langsam ansteigende Schräge bekommt man gar nicht mit, wie hoch der Turm im Endeffekt ist. Ursprünglich wurden keine Treppenstufen eingebaut, damit der König damals mit der Kutsche hinaufgefahren werden konnte – ganz schön ausgeklüngelt, oder? Nach einer Runde über den Aussichtsbalkon geht es wieder zurück in die Stadt und weiter mit dem Sightseeingprogramm mit typischer Touristen Bootsfahrt und unzähligen Fotos von schönen Haustüren und dem Nyhavn.
Aber der Tag ist erst mit noch einem Besuch der Markthallen perfekt. Einige Stände neben dem Schokoladenlädchen von gestern hängt Werbung für glutenfreie Paninis. Das ist doch klar, dass wir dafür noch einmal zurückkommen müssen. Eigentlich habe ich gar keinen Appetit, da ich während Städtetrips immer den Hunger vergesse und mich vorher mit einem Eiskaffee gestärkt habe. Aber der Anblick der lecker gefüllten Brote stimmt meinen Magen dann doch um. Wie heisst es so schön? Der Hunger kommt beim Essen! Wer da labbriges, bisschen angeröstetes Weißbrot erwartet liegt Meilen davon entfernt. Hier wird aus Mandelmehl das Brot selbst gebacken. Schön kross wird es dann nach Bestellung belegt – Rucola, Spinat, Avocadocreme und Lachs. Hach, hier hätte ich Stunden lang sitzen können. Direkt an der Theke kann gegessen und dabei das Geschehen in der Markthalle beobachtet werden.
So haben hier viele Stände glutenfreie Dinge im Angebot – glutenfreies Porridge und andere leckere Sachen. Würde ich noch mehr probieren, könnte ich wahrscheinlich meinen Rückflug verfallen lassen und nach Hause rollen.
Torvehallerne, Frederiksborggade 21, 1360 København
Es stehen noch so viele Läden auf dem Programm, durch die wir uns durchfuttern wollen. Darunter z.B. auch der Foodmarkt „Papierinsel“ auf der anderen Seite des Kanals, oder die Bäcker Bageriet Brod, Andersen Bakery, Lagkagehuset und wie sie alle heißen. Leider ist die Zeit dafür viel zu kurz – oder die Auswahl zu groß! Aber das Gute daran ist, dass man so einen Grund hat, bald wieder zu kommen, um den Rest zu testen. Im Winter steht der nächste Besuch an, um den Tivoli mit der Weihnachtsdekoration zu bestaunen und natürlich die ein oder andere Rumkugel zu naschen.
Ihr wundert euch bestimmt, warum ich die „berühmten“ 42 RAW und PALEO noch nicht erwähnt habe, die auch einiges auf ihrer glutenfreien Speisekarte im Angebot haben und ganz oft bei glutenfreien Tipps erwähnt werden, wenn es um Kopenhagen geht, oder? Es gibt einen ganz einfachen Grund: Die angeschlagenen Preise haben mir kurzfristig gesagt, dass mein Appetit doch gar nicht so groß ist. Selbst die gemütliche (auf Dänisch „hygge“) Atmosphäre konnten mich da nicht umstimmen.
Warst du schon einmal in Kopenhagen und hast einen besonderen „glutenfreien Tipp“ für mich? Hast du in Dänemark schon bei dem „großen gelben M“ einen glutenfreien Burger gegessen? Schreibe mir gerne in den Kommentaren davon, dann setze ich es auf meine ToDo-Liste für den nächsten Besuch!
4 Comments
Hej Anna,
vielen Dank für deinen tollen Bericht! Ich bin gerade in Kopenhagen und probiere vieles davon aus – kann auch kein Gluten essen 🙂 Zu deiner Frage mit den glutenfreien Burgern: Heute Abend waren wir im Simple Raw und haben einen super leckeren gegessen!!
Liebe Grüße,
Anja
Hej Anja,
ohh, vielen lieben Dank für deine liebe Nachricht! Es freut mich so, dass dir der Beitrag weiterhilft und du in Kopenhagen einige Sachen davon ausprobierst! Wie schön, dann steht Simple Raw jetzt auf meiner Liste für den nächsten Besuch:-)! Ich beneide dich ein bisschen – wäre gerade auch so gerne wieder in Kopenhagen! Hab noch eine tolle Zeit!
Viele liebe Grüße
Anna
schöner Bericht! Das nächste mal solltest Du einen GF Burger bei Cocks & Cows probieren. Mein bisher bester den ich je gegessen habe und wenn das Wetter schön ist, kann man schön im Innenhof sitzen. (Gammel Strand 34) 🙂 viele Grüße aus Kopenhagen Valerie
Vielen lieben Dank, Valerie! Oh super, das mit dem Burger merke ich mir für den nächsten Besuch! 🙂