Fakten über Zöliakie
Zöliakie wird in der Gesellschaft oftmals noch als Modeerscheinung und Trend wahrgenommen. Betroffene werden oft belächelt, ihre Erkrankung und die damit einhergehende Erfordernis für eine strikt glutenfreie Ernährung nicht ernst genommen. „Ein Krümel wird ja schon nicht schaden“, „Ein bisschen Brot kannst du ja wohl essen“, „Du machst auch jeden Trend mit.“ – Sätze, die jeder Betroffene bisher nicht nur einmal gehört haben wird.
Was ist Zöliakie?
Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung des Dünndarms, die durch den Verzehr glutenhaltiger Nahrungsmittel ausgelöst wird. Durch die Aufnahme von Gluten entsteht eine Entzündung des Magen-Darm-Traktes, woraufhin sich die vorhandenen Darmzotten zurückbilden. Auf gut Deutsch gesagt – der Körper beginnt sich quasi selbst zu bekämpfen, sobald Gluten aufgenommen wird.
Was ist Zöliakie nicht?
Zöliakie wird immer noch als Modeerkrankung und Trend abgetan oder mit einer Weizenallergie oder Glutensensitivität gleichgesetzt. Genau das ist eine Zöliakie jedoch nicht! Auch wenn in allen drei Fällen Gluten, bzw. Weizen tunlichst vom Speiseplan gestrichen werden sollten, sind die Erkrankungen komplett ein Paar unterschiedliche Schuhe. Es heißt eben nicht per se, dass eine Person ein glutenfreier Trendsetter ist, wenn sie auf dieses Getreideprotein verzichtet oder verzichten muss! Zöliakie ist eben keine Diät, die aus Lust und Laune heraus entstanden ist oder die man macht, um Gewicht zu verlieren, sondern eine ernst zu nehmende Erkrankung. Und nein, Betroffene wollen durch ihre Erkrankung nicht im Vordergrund stehen, keine Extrawurst haben und sich auch nicht wichtig machen (da spreche ich zumindest für mich!:-)) – wir möchten einfach nur ernst genommen werden und sicher glutenfrei essen können.
Zöliakie-Betroffene treffen keine aktive, freiwillige Entscheidung auf Gluten zu verzichten, sondern müssen dies aus gesundheitlichen Gründen tun. Zöliakie ist kein Trend! Punkt.
Wie stellt man Zöliakie fest?
Alles zur Zöliakiediagnose habe ich euch hier bereits ausführlich aufgeschrieben.
Wie viele Menschen sind davon betroffen?
Laut DZG ging man bis „vor einigen Jahren […] davon aus, dass im Durchschnitt etwa einer von 1.000 bis 2.000 Menschen in Deutschland von Zöliakie betroffen ist. Neuere Untersuchungen zeigen aber, dass die Häufigkeit tatsächlich etwa bei 1:100 liegt. Nur bei 10 bis 20 % der Betroffenen liegt das Vollbild der Zöliakie vor. 80 bis 90 % haben untypische oder keine Symptome und wissen daher oft nichts von ihrer Erkrankung.“
Es wird davon ausgegangen, dass ca. 1 % der deutschen Bevölkerung von Zöliakie betroffen ist.
Welche Symptome sind bei einer Zöliakie typisch?
Wenn man an Zöliakie denkt, muss man wahrscheinlich automatisch an Beschwerden denken, die mit dem Magen-Darm-Trakt verbunden sind. Durchfall, Blähungen, Bauchschmerzen. Aber die Symptome können viel umfangreicher sein und erst einmal gar nicht direkt mit einer Zöliakie in Verbindung gebracht werden – daher wird sie auch das „Chamäleon“ unter den Erkrankungen genannt. Genauso wie das hübsche Reptil kann sich auch die Autoimmunerkrankung in den verschiedensten Facetten zeigen. Während ein Betroffener vielleicht die oben genannten „Standard-Symptome“ wie Bauchschmerzen, Übelkeit oder Durchfälle hat, heißt das noch lange nicht, dass das auch bei Person B der Fall sein muss.
Die meisten Zöliakiefälle weisen noch nicht einmal die typische Verlaufsform auf und werden deshalb lange nicht entdeckt. Laut dem Dr. Schär Institute liegen zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und der Diagnose durchschnittlich vier Jahre. In manchen Fällen kann die Dauer aber auch weitaus länger sein und bis zu sieben Jahre betragen.
Ist ein Krümel wirklich so schlimm?
Kurze Antwort: JA! Als glutenfrei gelten Lebensmittel, die keinen höheren Glutengehalt als 20 mg/kg aufweisen. Diese Produkte sind meist als „glutenfrei“, „gluten free“ oder durch das Symbol der durchgestrichenen Ähre gekennzeichnet und können auch von Zöliakie-Betroffenen verzehrt werden.
Wenn man sich jedoch den Glutengehalt verschiedener Getreidesorten anguckt, beantwortet sich die Krümel-Frage schon von ganz selbst. Alleine 100 g handelsübliches Weizenmehl Type 405 weist einen Glutengehalt von 8.660 mg auf. Angenommen, wir haben ein 100 g schweres helles Brötchen vor uns liegen, sind darin laut Untersuchungen 9.183 mg Gluten enthalten. Wenn wir das auf ein Kilogramm hochrechnen und uns dann vor Augen halten, das dort bei Zöliakie allerhöchstens nur 20 mg Gluten enthalten sein dürften, wird es noch einmal unheimlich klar, wie viel Schaden der kleine Krümel Brot bei einem Zöliakie-Betroffenen anrichten kann! Und gleichzeitig ist damit auch die Annahme hinfällig, dass auch das bisschen Mehlstaub schon nicht so schlimm sei, oder? 😊
Hier findet ihr eine tabellarische Auflistung von Glutengehalten in verschiedenen Mehlen, Backwaren und Biersorten. Super interessant!
Ist Zöliakie heilbar?
Leider nein, leider gar nicht! Zöliakie ist nicht heilbar. Nach der Diagnose ist eine lebenslange, strikte glutenfreie Ernährung notwendig.
Betroffene sollten ihre Ernährung jedoch erst nach einer sicheren, ärztlichen Diagnose umstellen, da sonst eine nachträgliche Feststellung der Erkrankung aufgrund mangelnder Antikörper nicht möglich ist! Durch die konsequente Einhaltung der glutenfreien Diät gelingt die Regeneration der beschädigten Dünndarmschleimhaut meist relativ schnell nach der Ernährungsumstellung.
Weisheiten von Nicht-Betroffenen, die durch Hörensagen mal mitbekommen haben, dass das Kind eines Bekannten ja auch mal Zöliakie HATTE oder sich Zöliakie „verwächst“ sind schlichtweg einfach nicht wahr! Ihr glaubt nicht, wie oft ich in den letzten Jahren gehört habe: „Ach, das geht bestimmt weg. Man sagt ja auch, dass der Körper sich alle 7 Jahre umstellt und Allergien weggehen!“ Auch wenn solche Aussagen nett gemeint sein mögen, helfen sie Betroffenen nicht weiter. Besonders dann nicht, wenn man möglicherweise gerade erst seine Diagnose bekommen hat und noch nicht so wirklich mit solchen Fake-News umgehen kann. Btw. – merkt man, dass mir bei dem Thema fast die Hutschnur platzt? 🙂
Gibt es Medikamente dagegen?
Bis zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine Medikamente gegen Zöliakie.
Im Handel stolpert man hier und da über Nahrungsergänzungsmittel (NEM), die damit werben, Gluten abzubauen. Tückisch für Zöliakie-Betroffene! Im Hinblick auf eine Zöliakie ist bei diesen Produkten äußerste Vorsicht geboten. Meist enthalten diese Präparate Enzyme, die den Glutenabbau unterstützen sollen. Dabei möchte ich die Worte „unterstützen sollen“ betonen. Inwieweit und in welchem Umfang durch die Einnahme wirklich Gluten abgebaut wird ist wahrscheinlich von Person zu Person und Körper zu Körper unterschiedlich. Und selbst wenn durch diese NEM Gluten abgebaut wird, heißt das nicht im Umkehrschluss, dass gar kein Gluten mehr übrig bleibt und den Magen-Darm-Trakt eines Betroffenen nicht schädigt. Auch die Deutsche Zöliakie Gesellschaft (DZG) hier explizit zu einem dieser Produkte in Beziehung auf Zöliakie Stellung genommen und rät dringlich von der Verwendung dieses Präparates ab!
Was passiert, wenn die Diät nicht eingehalten wird?
Bei Nichteinhalten einer strikten glutenfreien Diät, tauchen natürlich zu allererst die jeweiligen Symptome wieder auf, die einen vor der Diagnose bereits geplagt und begleitet haben. Auf lange Sicht hingegen kommt es zu einer chronischen Schädigung der Dünndarmschleimhaut. Die Darmzotten bilden sich immer weiter zurück, so dass darüber schlussendlich keine oder nur noch wenige Nährstoffe aufgenommen werden können. Darüber hinaus kann es zu weiteren gesundheitlichen Folgen kommen. Diese können neurologischer, gastrointestinaler oder allgemeiner Art sein. Migräne, Depressionen, Krebserkrankungen des Magen-Darm-Traktes, Osteoporose und und und. Die Liste an potentiellen Folgen könnte ich ellenlang weiterführen. Auch hierzu gibt es einen tollen Beitrag bei MeinAllergiePortal!
Für mich sind diese düsteren Aussichten Grund genug, unheimlich auf meine Ernährung zu achten und alles genau unter die Lupe zu nehmen. Wie heißt es so schön? No excuses? Genau mein Motto, wenn es um meine glutenfreie Ernährung geht. Seht ihr das genauso?
In meiner Kategorie „Zöliakie Allgemein“ findet ihr noch weitere Beiträge rund um das Thema Zöliakie! Wie wird die Erkrankung diagnostiziert? Worauf muss ich beim Einkaufen achten? Wie lese ich Zutatenlisten richtig und was gilt es zu beachten, wenn ich glutenfreien Besuch bekomme?
Ansonsten freue ich mich immer über einen Erfahrungsaustausch mit euch – schreibt mir gerne hier einen Kommentar oder meldet euch über Instagram oder Facebook!
Eure Anna ♥
Wichtiger Hinweis:
Dieser Beitrag enthält allgemeine Hinweise und ist zum Teil ein persönlicher Erfahrungsbericht. Er soll zur weiteren Aufklärung über Zöliakie dienen, kann jedoch keinen Arztbesuch ersetzen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden.