Nicht gesucht, aber dennoch gefunden.
Wir kennen uns knapp 16 Jahre lang. Du begleitest mich seitdem tagein, tagaus. Von morgens bis abends und tief in die Nacht. 24/7. Es gibt keinen Tag ohne dich – weder im Urlaub, an Geburtstagen, zu Familienfeiern oder Weihnachten. Du begleitest mich auf die Arbeit, zu Treffen mit meinen Freunden. Du bist da. Immer. Wie ein unsichtbarer Schatten, der wie Pattex an mit klebt.

Auf einmal warst du da. Von jetzt auf gleich. Ohne Vorankündigung. Ohne mir eine Gebrauchsanweisung an die Hand zu geben. Ohne die Möglichkeit, dass ich mich auf dich und das Leben mit dir vorbereiten kann. Wie ein ungebetener Gast, den man einfach nicht mehr loswird, aber sich dennoch mit ihm arrangiert. Eine Wohngemeinschaft auf Lebenszeit.
Auch wenn ich nicht so recht wusste, was ich mit dir anfangen und wie ich mit dir umgehen soll, habe ich dich von Tag 1 an akzeptiert. Ich habe mein Bestes gegeben und versucht, dich in meinen Alltag und meinem Leben zu integrieren. Ich habe dir Raum gegeben, dich überall mit hingenommen und dich allen vorgestellt. Ja, ich habe dich kurz nach unserem Kennenlernen direkt mit in den Urlaub genommen. Wie ein blinder Passagier. Nur mit einem Special Meal und unzähligen Snacks im Gepäck. Und vielleicht war es das Beste, was ich damals tun konnte. So hatten wir die Möglichkeit, uns kennenzulernen und zu gucken, wie das so mit uns klappt. Nicht nur Zuhause, sondern auch in der Ferne. Du hast einfach direkt dazugehört und ich habe die Möglichkeit genutzt, immer mehr über dich zu erfahren.
Was magst du? Was magst du gar nicht? Worauf muss ich bei dir achten und wie schaffe ich es, dass wir miteinander leben können, ohne dass du mir weh tust und das Leben schwer machst. Für mich ist es wie eine Hass-Liebe zwischen uns. Ja, ich kann nicht leugnen, dass du mir viele Dinge genommen hast.
Du hast mir vor allen Dingen diese Leichtigkeit genommen. Die Möglichkeit spontan zu sein. Tag für Tag erinnerst du mich wieder daran, dass ich nicht „mal eben“ hier oder da etwas essen kann. Als wenn du mir sanft auf die Schulter tippst und leicht mit dem Kopf schüttelst. Auch heute fällt es mir immer noch schwer, wenn ich an Bäckereien vorbeigehe und mir dieser unbeschreiblich gute Geruch von frisch gebackenen Brötchen in die Nase zieht. Oder wenn ich in der Auslage ein Marzipancroissant entdecke, das ich früher so gerne gegessen habe. Ja, ich muss gestehen, dass du manchmal ganz schön anstrengend sein kannst!
Aber ich möchte ehrlich sein. Selbst wenn du mir vieles genommen hast, habe ich so viel durch dich gelernt. Du hast mich stark gemacht, mir beigebracht, für mich und meine Bedürfnisse einzustehen, für meine Gesundheit zu kämpfen und das auch zu kommunizieren. Ja, besonders am Anfang ist es mir schwergefallen. Ich wollte einfach nicht auffallen. Nicht diejenige mit der Extrawurst sein. Aber mit der Zeit ist es mir immer leichter gefallen auch mal Nein zu sagen. „Nein, das darf ich nicht essen.“ Punkt. Du hast mir beigebracht achtsam zu sein und es geschafft, dass ich mich intensiv mit meiner Ernährung beschäftige. Tatsächlich habe ich so viel durch dich gelernt! Über mich, mein Umfeld und das Leben.
Ob du mich manchmal in den Wahnsinn treibst? Du wirst es kaum glauben, aber das hält sich wirklich in Grenzen. Es sind eher andere Menschen und die Gesellschaft, die teilweise immer noch nicht verstehen möchte, dass ich mir nicht ausgesucht habe mein Leben mit dir zu verbringen, sondern du einfach ein Teil von mit bist. Du bist eine Erkrankung, gegen die noch kein Kraut gewachsen ist. Oft wirst du verwechselt und für einen Trend gehalten. Nicht für eine Autoimmunerkrankung. Da muss ich schon etwas schmunzeln. Als wenn ich mir das Ganze freiwillig aussuchen würde! Ich würde flunkern, wenn ich behaupten würde, dass ich mir mein Leben immer schon genauso vorgestellt habe. Mit dir an meiner Seite. Aber ja, es ist ok, dass du da bist. Zusammen sind wir ein tolles Team. Wir haben Höhen und Tiefen, aber wir finden immer wieder einen Weg, dass wir miteinander auskommen.

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Eure Anna ♥